Stobbe Gin 1776: vom Ruf des Machandel

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Der Stobbe Gin ist mir begegnet. Auf dem Lebenslust: Gourmet- und Kunstfestival in Bad Münster am Stein war es am letzten Sonntag. Ich sprach dazu mit Uta Stobbe, jüngstem Spross der westpreußischen Gin-Dynastie aus Tiegenhof. Gin kann (und muss!) man trinken, Gin kann man aber auch hören, denn Gin hat eine Geschichte…

1. Ist der Stobbe Gin tatsächlich der älteste Gin?

Vorweg mal eines zum Klarstellen: Gin ist verdammt in. Man muss nicht Gin-Experte sein und Robert Grama heißen, um das zu wissen. Wir alle kennen seinen Signature Cocktail, den Burning Gin Tonic. Aber längst hat der Gin die Herzen der Deutschen erobert. Ganz so viel Neuland ist aber auch wieder nicht dabei, wie man vielleicht denken mag.

Klarer Schnaps – und das ist Gin nun mal – hatte schon immer seinen festen Platz in Deutschland; und das war nicht nur im Flachmann, sondern auch im Herzen. Es wacholdert in Deutschland so schön und genau das hat Tradition. Und eben diese Tradition geht auf keinen anderen Gin zurück als auf den Stobbe Gin. Und der ist nun mal der älteste bekannte Gin in Deutschland. Oder kennt ihr einen älteren?


2. Stobbe Machandel: echt preußisch, echt deutsch, echt gut

"Stobbe Machandel" aus Tiegenhof - für viele Deutsche der Urbegriff für Wacholderschnaps. (#1)

„Stobbe Machandel“ aus Tiegenhof – für viele Deutsche der Urbegriff für Wacholderschnaps. (#1)

Wacholder? Ja, Wacholder! Die Preußen haben offenbar viel mehr zu bieten wie nur Bismarck. Am 3. Mai 1776 beginnt die Geschichte des Stobbe Machandel. Wer des Niederdeutschen nicht mehr so ganz mächtig ist: Machandel heißt auf Hochdeutsch „Wacholder“ – und schon sind wir wieder im Boot. 179 Jahre lang, nämlich bis ins Jahr 1945, wurde von der Familiendynastie der Stobbes der Stobbe Gin im westpreußischen Tiegenhof hergestellt. Das Unternehmen wurde von Peter Stobbe gegründet. Flaschen zu 0,5l und 0,25l waren die übliche Dosis, in der die Medizin verabreicht wurde.

Warum nur bis 1945? Und wo kommt der Stobbe Gin heute her? Oh, jetzt hole ich ja noch weiter aus. Die Sache mit dem Jahr 1945 ist nicht gut, aber einfach. Die Rote Armee marschierte in Tiegenhof ein, befreite ein wenig. Zuerst das Land von den Deutschen, dann die Stobbes von ihrem Unternehmen und ihren hundertjährigen Vorräten, deportierte dann den Unternehmer Bernhard Stobbe hinter den Ural. So schnell kann es bei der Befreiung gehen.

Zwar nahm Bernhard Stobbe nach seiner Freilassung die Produktion von Stobbe Machandel wieder auf, doch in seiner jetzigen kultigen Form ist er ein Kind von Uta Stobbe, die den deutschen Markt mit drei Stobbe Gin-Marken versorgt: Stobbe1776, Stobbe 240 Barrel Aged (fassgereift) und Stobbe Basement (fassgereift).

Okay, das soll uns jetzt mal zur Geschichte gereichen.


3. Wie isser denn nu, der Stobbe Gin

Ja, das hätte ich nur zu gerne vor Ort in Bad Münster am Stein als praktische Übung erkundet. Das Gespräch am Stand mit Uta Stobbe war auch alles andere als trocken. Und so einiges erfahren habe ich dort auch. Die Verkostung habe ich aber angesichts meiner motorisierten Anreise auf die nächste gute Gelegenheit mit Martin vertagt. Zu diesem Zweck habe ich ein Fläschle Stobbe 1776 Blackcurrant erworben. Man wird darüber berichten.

Stobbe Gin: Stobbe 240 Fassfüllung, Stobbe 1776 Blackcurrant, Stobbe Basement, Stobbe Old Tom. (#3)

Stobbe Gin: Stobbe 240 Fassfüllung, Stobbe 1776 Blackcurrant, Stobbe Basement, Stobbe Old Tom. (#3)

„Stobbe 240 Barrel Dry Gin“

Alleine der Name hört sich schon markig an, oder? Der Stobbe Barrel zieht aber nicht nur dicke Hosen an, der kann sie auch tragen. Im Stobbe 240 liegt viel drin. Da schmeckt man die Tradition, den Stobbe Machandel im Fass reifen zu lassen, da schmeckt man einen gewissen und absolut berechtigten Stolz auf die 240-jährige Firmentradition der Stobbes.

12 Monate reift er im Bourbon Fass. Der Stobbe 240 bringt eine milde Holznote mit, dazu fruchtige schwarze Johannisbeere und auch was von der Bergamotte, nämlich die typische feine Säure. Auf dem Foto oben ist es jener mit dem nicht zu übersehenden roten Kreuz.


Mein Haul in Bad Münster am Stein: eine 50ml-Notration Stobbe Blackcurrant... (#2)

Mein Haul: eine 50ml-Notration Stobbe Blackcurrant… (#2)

„Stobbe1776 Blackcurrant Gin“

Bei aller Offenheit: das Rezept für den Stobbe Gin ist und bleibt geheim. Darüber werden wir hier auch nichts ausplaudern. Der Stobbe1776 Blackcurrant Gin weist wie sein Bruder, der Stobbe 240 Barrel Dry Gin, die Fruchtigkeit der schwarzen Johannisbeere und die feine Säure der Bergamotte auf. Der Unterschied zwischen den beiden?

Der Stobbe1776 Blackcurrant Gin hat es sich nicht im Bourbon Fass gemütlich gemacht. So bleiben die milde Holznoten dem Stobbe 240 Barrel Dry Gin vorbehalten. Empfehlung des Hauses Stobbe? Er schmeckt sowohl pur als auch in Cocktails wie dem Gin & Tonic. Welcher der illustren Vertreter auf dem Foto es ist? Der mit dem blauen Kreuz.


„Stobbe1776 Basement Gin“

Da wir gerade auf das Foto blicken: es ist der Goldjunge mit dem schwarzen Kreuz. Der Stobbe1776 Basement Gin durfte 5 Monate im Chardonnay Fass verbringen. Der Wellnessaufenthalt hat ihm gut getan und seine Seele geglättet. Rund und weich kommt er daher und nicht nur sein goldbrauner Teint verkündet die unvergessliche Begegnung mit dem Chardonnay.

Einen Haken hat die Sache mit dem Stobbe1776 Basement Gin allerdings: er wird stets in kleinen Batches hergestellt, wodurch er nicht immer lieferbar ist. Wer also ein wenig Hang zum Besonderen in sich trägt, tut gut daran, den ungewöhnlichen Reserve Gin zu ordern, bevor andere es tun.


„Stobbe Old Tom Gin“

Mit dem Stobbe1776 Old Tom Gin haben die Stobbes nochmal ein Special für uns parat. Ein Süßer ist er, denn er bringt neben Bergamotte und schwarzer Johannisbeere auch noch 2% Süße mit. Der Süße fällt auf dem Foto besonders auf: es ist der mit dem grünen Kreuz und der goldenen Rahmung.


„Stobbe ??? in der Bügelflasche“

Wer richtig mitgezählt hat, der wird feststellen, dass auf dem Foto fünf Flaschen zu sehen sind, während wir nur von vier Stobbe Gins gesprochen haben. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, welches Special sich in der fünften Flasche ganz links verbirgt.

Dieses Geheimnis darf ich leider nicht lüften. Wer das darf, das ist die nette Telefonberatung im Stobbe-Shop! Also gleich mal anrufen und fragen: +49 176 424 909 62 von Mo-Fr, von 10:00 – 17:00 Uhr.


4. Stobbe Gin: woher nehmen und nicht stehlen?

Nichts einfacher als das. Ein Klick und ihr steht mittenmang im Online-Shop. Der ist nicht aus dem Jahr 1776, sondern brandaktuell und nimmt statt preußischer Silberthaler schon deutsche Euronen. Hier geht’s lang. Hilfe in der Not gibt es dort auch, nämlich telefonische Unterstützung und Beratung: +49 176 424 909 62 von Mo-Fr, von 10:00 – 17:00 Uhr. Und die Frage nach der fünften Flasche bitte nicht vergessen!


5. Preußische Lebensart

Zuguterletzt vielleicht noch einen Trinkspruch, den man mit dem Machandel in Verbindung bringt. Zur Erklärung: in der preußischen Küche wird als Aperitif gereicht: Machandelschnaps, Leberwurst und Senf. Der preußische Aperitif verlangt alsdann nach preußischer Tradition Verzehr auf zwei Arten:

  1. Man nehme eine Scheibe würziger Leberwurst, belege sie mit Senf (dem Mostrich!) und spüle sie sofort mit dem Machandel herunter.
  2. Man kann aber auch die Leberwurst mit dem Mostrich in das Glas geben und beide dann zu einem Bade mit dem Machandel übergießen. Alsdann trinkt man das Gebräu in einem Zug und bemüht sich gleichzeitig, die Leberwurst essen.

Ein Prosit dem Stobbe Machandel

 
Eine Scheibe Leberwurst, Mostrich nach Bedarf,
legt man auf ein Glas voll Schnaps und dann wird man scharf.

Denn man sieht die Leberwurst und man riecht den Rauch,
und man schmeckt den Majoran und den Pfeffer auch.

Der Machandel glänzt im Glas, ist aus Kraft und Korn,
schon beim dritten hat man – Prost! – weit die Nase vorn.

Nach dem fünften ist die Welt nicht mehr mau und mies,
alles sieht so festlich aus wie im Paradies.

Doch beim zwölften sehnt man sich nach dem Bettgestell,
und man fragt die eig’ne Frau: „Woher kommst, Marjell?“


Bildnachweis: © Titelbild + #2 + #3 schwarzer.de, #1 via Wikimedia Commons

Über den Autor

Hans-Jürgen Schwarzer leitet die Content-Marketing-Agentur schwarzer.de software + internet gmbh. Als Unternehmer und Verleger in Personalunion wie auch als leidenschaftlicher Blogger, Gourmet, und Gourmand gehört er zu den Hauptautoren von mainz-schmecker.de. Innerhalb seiner breiten Palette an Themen liegen dem Mainzer Lokalpatrioten herausragende kulinarische Erlebnisse besonders am Herzen.

1 Kommentar

  1. Sehr schöner Bericht über den Stobbe Gin…. Macht richtig Durst :-). Na, da bin ja mal aufs fünfte Stobbe-Kind gespannt….

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