Alp Käs’laden: Mainz kann auch Käse!

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Wozu braucht es den Alp Käs’laden in Mainz? Die Frage ist völlig falsch gestellt. Richtiger müsste sie lauten: „Was hat Mainz gemacht, bevor es den Alp Käs’laden gab?“ Klingt zu dick aufgetragen? Isses aber gar nicht. Warum? Das erkläre ich jetzt.

Warum ich den Alp Käs’laden in Mainz brauche!

Käse ist kein(!) Grundnahrungsmittel. Es ist ein Lebenselixier. Käse lädt zum Träumen ein. Käse lässt den Alltag vergessen. Käse… Man könnte es nahezu beliebig fortsetzen.

Der andere Käse: mikrobielles Lab und Konsorten

Vor einiger Zeit ging es schonmal durch die Presse. Es gibt Käse, der keiner ist, weil er Ersatzstoffe verwendet. „Keiner ist“ – darf man nicht wirklich sagen. Nach deutschem Recht ist er Käse. Aber das was Käse ausmacht, hat er für mich nicht. Schaut man im Supermarkt auf die Etiketten und dort auf die Inhaltsstoffe, findet man oftmals Inhaltsstoffe, die ich persönlich als völlig unsexy empfinde.

Labaustauschstoff / Mikrobieller Lab in Käseprodukten aus dem Supermarkt.

Labaustauschstoff / Mikrobieller Lab in Käseprodukten aus dem Supermarkt.

Nachdem ich denn auch nachgelesen habe, was sich hinter Labaustauschstoff verbirgt, habe ich vor längerer Zeit dem Käse aus dem Supermarkt meine Freundschaft gekündigt. Danach fühlte ich mich wohler. Danach führte desöfteren mein Weg in die Mainzer Innenstadt – eben zum Alp Käs’laden am Graben. Käse für 99 Cent jibbet dort nich – nur um das vorwegzunehmen. Dafür weiß ich aber, dass ich Käse bekomme.

Samstag ist Markttag

Am Samstag geruhe ich desöfteren, einen Gang über den Mainzer Wochenmarkt zu tun. Die leckeren Auslagen der Marktstände anzuschauen, ist ein Genuss und man tut gut daran, auch ordentlich einzukaufen, denn es weckt die Lebensgeister, die frischen Produkte wohlzubereitet zu verschnabulieren.

Äpfel: auf dem Mainzer Wochenmarkt, macht es Spaß, Obst, Gemüse und sonstige Leckereien einzuholen. Nicht nur am Samstag, aber am Samstag ganz besonders, denn da hat man Zeit ohne Stress.

Äpfel: auf dem Mainzer Wochenmarkt, macht es Spaß, Obst, Gemüse und sonstige Leckereien einzuholen. Nicht nur am Samstag, aber am Samstag ganz besonders, denn da hat man Zeit ohne Stress.

Typischerweise trage ich dann fünf bis sechs schwere Tüten nach Hause. Tomaten für eine leckere Tomatensuppe sind Pflicht. Für mein holdes Weib die geliebten Äpfel, wie hier auf dem Bild zu sehen. Saisonales Gemüse sowieso.

Heute aber war mir weniger nach Einkauf, mehr nach Schlendern. So folgte ich dem Kommando meiner Augen und ließ mich von den beiden aktiven Gesellen den Parcour entlang der Marktstände lotsen. Es trieb mich zu den Metzgerständen hinterm Dom. Dort rief mir eine Fleischwurst zu „Kauf mich, du brauchst es!“ und was soll ich euch sagen? Sie hatte recht. Einen leckeren Weck gab es auch dazu und ich genoss das Urmainzer Leckerli.

Fruchtaufstrich „Blaubeeren-Vodka-Marzipan“ von Konnis Feinkostmanufaktur

„Mainzer Pesto“ – unter anderem mit Petersilie – und eine ganze Horde anderer offener Töpfchen stehen auf Probiertischen bereit. Eine Schale mit Brotwürfeln steht ebenfalls auf den Tischen und lädt ein, die Fruchtaufstriche, Pestos und Senfe zu testen. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und greife zu. „Oberlecker“ kann ich nur konstatieren.

Frische Ideen auf dem Mainzer Wochenmarkt: Fruchtaufstrich "Blaubeeren-Vodka-Marzipan" von Konnis Feinkostmanufaktur.

Frische Ideen auf dem Mainzer Wochenmarkt: Fruchtaufstrich „Blaubeeren-Vodka-Marzipan“ von Konnis Feinkostmanufaktur.

Konnis Feinkostmanufaktur lädt zur Verkostung ein. Gratis, aber nicht umsonst: auf einem Brotwürfel koste ich die nur 5 der cirka 32 Sorten Brotaufstrich.

Konnis Feinkostmanufaktur lädt zur Verkostung ein. Gratis, aber nicht umsonst: auf einem Brotwürfel koste ich die nur 5 der cirka 32 Sorten Brotaufstrich.

Konnis Feinkostmanufaktur kocht ohne Geschmacksverstärker, dafür mit viel Liebe. Jedenfalls gewinne ich letzteren Eindruck.

Konnis Feinkostmanufaktur kocht ohne Geschmacksverstärker, dafür mit viel Liebe. Jedenfalls gewinne ich letzteren Eindruck.

Weiter Richtung Graben

Bei herrlichstem Sonnenschein lud mich das Wetter ein, meinen Weg nach Hause zu Fuß zurückzulegen. In der kühlfrischen Luft lag noch etwas Winter, der sich auch im Sonnenlicht mit mehr weißer denn gelber Farbe niederschlug. Dennoch war auch bereits ein Hauch Frühlingsduft in der Luft. Eine ideale Mischung, die Reste der Arbeitswoche aus dem Kopf fließen zu lassen und der Entspannung und damit dem Wochenende Gelegenheit zu geben, sich auszubreiten.

Mein Weg führte mich unweigerlich am Graben vorbei. Vorbei auch am ehemaligen Café Cupello, das es jetzt nicht mehr gibt und dessen Nachfolger so furchtbar schlicht und farblos nur „Kaffee verkäuft“. Wer schon länger die Freude hat, in Mainz zu leben, der wird wissen, dass wir uns bereits am Graben befinden.

Gleich nach dem Graben zur Rechten findet man den Alp Käs’laden. Ich sehe draußen das Schild „Heublumenkäse“ und schon weiß ich, dass ich mal wieder etwas Leckeres käsiges brauche. Ich betrete den Laden und schon umfängt mich der käsige Duft, der Wohlbefinden verheißt. Ich reihe mich in die kleine Schlange ein und warte geduldig, bis ich an der Reihe bin; genieße die Wartezeit und nutze sie, mir die Auslage anzusehen. Das Schwierige bei dem Besuch im Alp Käs’laden ist es, sich zu entscheiden. Der „Heublumenkäse“ ist Pflicht. Aber ich möchte auch noch einen würzigen Hartkäse. Zum Wein natürlich (Oh, den brauche ich ja auch noch!).

Meine Beute im Alp Käs'laden in Mainz: das pfeffrige Ärschle vorne rechts, dahinter der Blue Stilton. Links der Heublumenkäse und ganz hinten der würzige Bergkäse.

Meine Beute im Alp Käs’laden in Mainz: das pfeffrige Ärschle vorne rechts, dahinter der Blue Stilton. Links der Heublumenkäse und ganz hinten der würzige Bergkäse.

Das gepfefferte Ärschle im Alp Käs’laden

Weiter hinten in der Auslage der Kühltheke sehe ich ein Gepfeffertes Ärschle von der Käsküche Isny GmbH & Co. KG. Ich habe dann zuhause nachgelesen: das „Gepfeffertes Ärschle“ ist ein aromatischer Käse mit weichem Teig, der seine Schärfe durch eine Portion Madagaskarpfeffer erhält, die ihm vor dem Schöpfen des Bruchs beigefügt wird. 60 % Fett hat er und das schmeckt man. Warum das gepfefferte Ärschle den Namen „Ärschle“ trägt, erklärt mir Christine Dörr, die Köchin und Käse-Fromelière und Betreiberin des Alp Käs’laden in der Jakobsbergstraße auch noch. Der Grund ist sehr bildhaft und eingängig. Ich will euch die Erkenntnis aber für den Besuch im Alp Käs’laden aufsparen.

Der König der Käse: der Stilton

Der Blue Stilton gilt in England als der König der Käse. Hinter dem Namen Blue Stilton verbirgt sich der englische Blauschimmelkäse aus pasteurisierter Kuhmilch, hat im Minimum 48–55 % Fett. Ich entdecke ihn und beschließe, mir ein Stück davon zu genehmigen. Ich bekenne mich zum Liebhaber der Blauschimmelfraktion!

Als ich an die Reihe komme, hat sich mein Einkaufszettel gedanklich herausgebildet und gefestigt. Was mir noch fehlt, ist ein würziger Hartkäse. Ich möchte ihn zu einem Riesling genießen und da ist mir der Heublumenkäse einfach zu mild und süßlich. Ich lasse mir empfehlen und probiere ein wenig. Schließlich folge ich der Empfehlung und merke, dass es mich nach Hause zieht, das Erjagte zu genießen. Es wird Zeit, dass das Wetter so etwas auf den grünen Wiesen vor der Zitadelle zulässt.

Die Weinraumwohnung: mein Retter in der Not

Im Alp Käs’Laden wurde mir bereits bewusst, dass meine Weinvorräte sich heimtückisch verflüchtigt hatten. Da ich heute zu Fuß unterwegs war, verbot sich ein angemessener Großeinkauf. Doch zum Käse wollte ich unbedingt einen leckeren Tropfen genießen.

Rüdesheimer Bischofsberg vom Weingut George J.J.J. Wagenitz

Meine Beute aus der Weinraumwohnung: der 2016er Rüdesheimer Bischofsberg des Weingut George J.J.J. Wagenitz aus Geisenheim

Meine Beute aus der Weinraumwohnung: der 2016er Rüdesheimer Bischofsberg des Weingut George J.J.J. Wagenitz aus Geisenheim

In der Weinraumwohnung wird man geholfen. Der Äußerung meines Wunschs nach einem Riesling folgt ein Gespräch, das zwischen Beratung und Fachsimpelei hin- und herpendelt. Wir bleiben schließlich beim 2016er Rüdesheimer Bischofsberg des Weingut George J.J.J. Wagenitz aus Geisenheim stehen. Der soll es sein und der wird es auch.

Ein Kosakenbrot vom Werner

Meine Beute beim Werner: ein Kosakenbrot.

Meine Beute beim Werner: ein Kosakenbrot.

Am Graben muss man in Mainz nicht verhungern. Alles, was braucht, liegt hier rund um den Platz. Ich durchmesse denselben und stiefele rüber zum Werner und hole mir ein frisches und duftendes Kosakenbrot. Das Kosakenbrot muss am Tag des Kaufs frisch verzehrt werden. Aus Erfahrung weiß ich, dass das oberwürzige Aroma am ersten Tag der blanke Genuss, jedoch am zweiten Tag praktisch nicht mehr vorhanden ist. Das ist mit den heutigen Broten leider fast immer so. Aber für heute nachmittag ist es gedacht und da passt es wunderprimstens.

Prösterchen!

Ein Prosit auf die leckere Jagdbeute!

Ein Prosit auf die leckere Jagdbeute!

Meine Beute bringe ich nach Hause und ernte dafür ein Lächeln. Und schon hat sich die Tour gelohnt. Es steht natürlich an, die Jagdbeute einer spontanen Verkostung zu unterziehen. Eine Pflicht, der wird uns nur zu gerne hingeben.

Es zeigt sich, dass es gut war, noch den würzigen Bergkäse hinzuzunehmen. Er kann es geschmacklich mit dem Riesling aufnehmen und sich auch durchsetzen. Das gefefferte Ärschle will zuerst etwas Ruhe am Gaumen, bevor es den Altar der Zunge betritt und sich Gott Labsal opfern lässt.

Der Heublumenkäse hat fast noch ein mildcremiges Aroma. und will langanhaltend genossen werden. Auch er sucht nicht die Geselligkeit mit dem Riesling. Der Blue Stilton hingegen könnte sich mit dem Riesling messen, verzichtet jedoch majestätisch auf den Waffengang, sich seines Sieges sicher seiend.

Unscheinbar und doch unverzichtbar werkelt dabei im Hintergrund das Kosakenbrot. Der würzige Duft seiner Kruste drängt sich immer wieder durch die säuerlich trockene Geschmacksbild des Rieslings.

Eindeutig: der Samstag hat einen Höhepunkt gefunden. Nach einem Päuschen will noch eine gute Tasse Kaffee hinterher. Und die obligatorische Zartbitterschokolade findet auch den Weg auf den Tisch und zum Gaumen und umspielt diesen mit ihren Orangearomen.

Ein Samstag in Mainz. Nicht mehr.


Bildnachweis: © alle schwarzer.de

Über den Autor

Hans-Jürgen Schwarzer leitet die Content-Marketing-Agentur schwarzer.de software + internet gmbh. Als Unternehmer und Verleger in Personalunion wie auch als leidenschaftlicher Blogger, Gourmet, und Gourmand gehört er zu den Hauptautoren von mainz-schmecker.de. Innerhalb seiner breiten Palette an Themen liegen dem Mainzer Lokalpatrioten herausragende kulinarische Erlebnisse besonders am Herzen.

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